Nostalgie-Anfall eines Unbelehrbaren

Freitag, 14. Dezember 2007

Der langjährige Zeremonienmeister zweier Päpste hat seine Vergangenheit aufgearbeitet. Dabei erzählt er von Kämpfen innerhalb der Kurie. Das Werk ist zugleich eine Warnung vor „vorkonziliarem Denken“.

(kreuz.net, Vatikan) In seinem neuen auf Englisch erschienenen Buch „A Challenging Reform“ träumt der frühere Zeremonienmeister des Papstes, Erzbischof Piero Marini (65), von der ersten Zeit der sogenannten liturgischen Reformation nach dem Zweiten Vatikanum.

Der Erzbischof ist gegenwärtig Präsident des ‘Päpstlichen Komitees für die Internationalen Eucharistischen Kongresse’.

Das Werk erinnert an die Spannungen und Kämpfe, welche die nachkonziliäre Liturgiereform begleiteten.

Erzbischof Marini warnt in dem Buch vor einer angeblichen Tendenz konservativer Kurienmitglieder, zu einem „vorkonziliaren Denken“ zurückzukehren.

Viele der „harterkämpften liturgischen Änderungen“ seien von Spannungen und Unstimmigkeiten innerhalb der „vatikanischen Zentralbürokratie“ begleitet gewesen – so der Erzbischof.

 

Aufstieg und Niedergang des berüchtigten ‘Consiliums’

Im Jahr 1964 gründete Papst Paul VI. das ‘Consilium für die Implementierung der Liturgiekonstitution’. Es arbeitete in einer beachtlichen Unabhängigkeit von der Römischen Kurie.

Das ‘Consilium’ sei von Anfang an mit dem Widerstand traditioneller Kurienmitglieder konfrontiert gewesen – beklagt sich der Erzbischof.

Diese Kreise hätten versucht, die sogenannte Reform zu drosseln, indem sie liturgische Änderungen ablehnten und den Status Quo beibehalten wollten.

Das konnte den Aufstieg des ‘Consiliums’ nicht verhindern. Im Jahr 1969 wurde es sogar zur „Kongregation für den Gottesdienst“ erhoben.

Doch nur sechs Jahre später wurde diese Kongregation angesichts einer wachsenden Kritik aus der Römischen Kurie aufgelöst und in die ‘Kongregation für die Sakramentenpastoral’ integriert.

„Das war vielleicht einer der ersten Hinweise auf eine Tendenz, zu einem vorkonziliaren Denken zurückzukehren, das jahrelang die Denkweise der Kurie charakterisiert hat“ – interpretiert Mons. Marini diese Vorgänge.

Für die Zukunft sieht er schwarz: In einem Zeitpunkt, wo der zeitliche Abstand zum Zweiten Vatikanischen Konzil größer werde, scheine es, daß der herausragende Beitrag eines „Ereignisses von so großer Hoffnung und so großem Verlangen nach Erneuerung“ mehr und mehr in Frage gestellt werde.

 

Enthusiasmus der Ortskirchen?

Ein großer Teil des Buches ist dem italienischen Lazaristenpater und Vater des Novus Ordo, Mons. Annibale Bugnini, gewidmet. Erzbischof Marini war als junger Priester dessen Sekretär.

Unter Pater Bugnini habe das ‘Consilium’ die „liturgischen Ideen und den Enthusiasmus der Ortskirchen“ stark berücksichtigt.

Durch die teilweise strategisch ausgeklügelte Unterstützung von Papst Paul VI. sei es dem ‘Consilium’ gelungen, in der Liturgie markante Änderungen herbeizuführen – obwohl die Ritenkongregation versucht habe, die Reformen anfänglich zu blockieren.

Der Widerstand der Römischen Kurie nahm nach Mons. Marini zahlreiche Formen an: offener Widerspruch oder Artikel, die unter Pseudonymen publiziert wurden.

Es seien Rundschreiben und Handzettel kursiert. Öfter habe es geheime Sitzungen gegeben.

Als das ‘Consilium’ in einer Kapelle in der Nähe des Vatikan hinter verschlossenen Türen liturgische Experimente durchführte, seien in Rom Gerüchte kursiert, wonach „unglaubliche Häresien“ vorbereitet würden.

Doch Mons. Bugnini blieb trotzdem die Zentralfigur der sogenannten Reformbewegung.

Als er 1969 – dem Jahr als der Novus Ordo eingeführt wurde – zum Sekretär der neu gegründeten Kongregation für den Gottesdienst ernannt wurde, schien das ein „Moment des Triumphes“ – so Mons. Marini.

 

Kardinalsintrigen

Die neugegründete „Kongregation für den Gottesdienst“ sah ihre erste Aufgabe darin, die angeblichen Reformen des Zweiten Vatikanums zu verbreiten und zu bewahren, erklärt der Erzbischof: Dadurch seien die Angriffe der Kurie noch stärker geworden.

In seinem Buch erwähnt Erzbischof Marini einen Handzettel, der im Vatikan kursierte. Darauf sei gestanden, daß in der Neuen Messe „die Existenz von Spaltung und Schisma offiziell anerkannt“ werde.

Zwei Kurienkardinäle schrieben dem Papst, daß die Reformen eine „alarmierende Abweichung“ von der katholische Theologie darstellten.

Obwohl die Reformen weitergingen und Pater Bugnini zum Erzbischof geweiht wurde, sei seine Position jedoch zunehmend geschwächt worden – teilweise wegen seiner eigenen „Zielstrebigkeit, sogar Sturheit“.

Erzbischof Bugnini war gerade im Urlaub, als sein Schicksal im Jahr 1975 bei einem Privattreffen besiegelt wurde.

Die Gottesdienstkongregation wurde abgeschafft, Erzbischof Bugnini zum Apostolischen Pro-Nuntius ernannt und in den Iran geschickt.

Nach diesen Änderungen wurde der „markante Stil des Consiliums“ nach Angaben von Erzbischof Marini „Schritt für Schritt von einem eher traditionellen Stil aufgesogen“ – beurteilt Mons. Marini das Ergebnis.