22.05.2015

Der Kampf gegen das Bargeld hat begonnen

Forderungen nach Verbot von Münzen und Scheinen als Attacke auf Sparer und Privatsphäre

Die primär angelsächsische Diskussion über ein Verbot von Bargeld hat den deutschsprachigen Raum erreicht. Auch in der Schweiz werden früher undenkbare Massnahmen erwogen.

Michael Rasch

Regierungen, Notenbanken und linke Ökonomen leiten die nächste Stufe der finanziellen Repression ein: den Kampf gegen das Bargeld. Die Idee eines Verbots von Bargeld wird beispielsweise durch die beiden an der Harvard University lehrenden Ökonomen Kenneth Rogoff und Larry Summers unterstützt, im deutschsprachigen Raum reihte sich jüngst Peter Bofinger ein, der sogar im deutschen Sachverständigenrat sitzt. Die Forderung gewinnt an Popularität, weil Zentralbanken mit ihren negativen Zinsen gegenwärtig an Grenzen stossen. Sollten die Negativzinsen noch stärker ausgeweitet werden, könnte dies dazu führen, dass Sparer ihr Geld von der Bank holen und horten. Schlimmstenfalls könnte dies sogar zu einem Bank-Run führen. Mit einem Verbot von Bargeld würden Regierungen dieses Ausweichen der Bürger verhindern.

 

Giftschrank der Geldpolitik

Immer mehr Länder schränken inzwischen die Benutzung von Bargeld ein, obwohl es als gesetzliches Zahlungsmittel dient. Zugleich werden elektronische Transaktionen begünstigt oder die Bürger gar dazu verpflichtet. In Dänemark hat die Regierung jüngst einen Gesetzentwurf vorgelegt, laut dem Restaurants, Tankstellen und kleine Läden nicht mehr verpflichtet sind, Bargeld anzunehmen. Und die dänische Zentralbank hatte bereits zuvor angekündigt, im Jahr 2016 die Herstellung von Banknoten und Münzen einzustellen. Darüber hinaus will Frankreich ab dem Herbst Barzahlungen von mehr als 1000 € verbieten. Eine solche Restriktion herrscht bereits seit einigen Jahren in Italien. Und sogar in der Schweiz, ehemals ein liberaler Hort in Europa, sollen Barzahlungen ab einer gewissen Höhe zur Verhinderung von Geldwäscherei verboten werden. Hier liegt die Grenze immerhin bei 100 000 Fr. Eine entsprechende Vorlage hatte der Ständerat angenommen, der Nationalrat allerdings danach abgelehnt.

In der Eidgenossenschaft kursieren aber noch weitere Überlegungen, mit welchen Mitteln aus dem Giftschrank der Geldpolitik die Schweizerische Nationalbank (SNB) die Bürger plagen könnte. Auch hierzulande wird unter Akademikern die Einführung eines Wechselkurses zwischen Bargeld und Buchgeld, die periodische Belastung von Bargeld mit einer Steuer in Höhe der Negativzinsen und sogar das Verbot von Bargeld diskutiert. Doch dürften hier die Stimmbürger an der Urne derlei Exzesse verhindern.

Die Durchsetzung von noch stärkeren Negativzinsen im Rahmen des planwirtschaftlich anmutenden Versuchs der Steuerung von Konjunktur und Kapitalverkehr durch zahlreiche Zentralbanken ist wohl der wichtigste Grund für die derzeitige Diskussion. Als Argumente gebracht werden immer wieder auch der Kampf gegen Steuerhinterziehung, Schwarzarbeit und andere kriminelle Machenschaften. Es dürfte nicht mehr lange dauern, bis auch der Kampf gegen den Terror als Argument vorgeschoben wird, denn auch Terroristen zahlen ja mit Bargeld.

Die Beseitigung der Zinsuntergrenze durch die Abschaffung von «Cash» mag aus der technokratischen Sichtweise einer Zentralbank Vorteile bei der Umsetzung der Geldpolitik haben. Für den Bürger bedeutet dies jedoch eine Besteuerung der Spareinlagen, der er nicht mehr ausweichen kann. Sparen wird also noch stärker bestraft als ohnehin schon. Dabei gehört doch die Vernunft, heute zulasten der gegenwärtigen Bedürfnisse für die Wünsche von morgen zu sparen, zu den bedeutenden Errungenschaften der Menschheit. Sollte das System erst einmal greifen, müssten Bürger wohl in der Zukunft immer wieder mit periodischen Zwangsenteignungen rechnen, für die man jeweils schon «gute Gründe» finden würde.

 

Geprägte Freiheit

Darüber hinaus würde die Abschaffung von Bargeld endgültig den gläsernen Konsumenten und eine totale finanzielle Überwachung durch den Staat schaffen. Dazu kämen natürlich noch generelle Fragen der Datensicherheit. Nicht umsonst gibt es das treffende Bonmot: Bargeld ist geprägte Freiheit.

Neben Bargeld müsste auch der Besitz von Gold verboten werden, da das aus liberaler Sicht gute Geld, nämlich Gold, sonst schnell das schlechte Staatsgeld verdrängen dürfte. Doch auch bei einem Goldverbot könnten sich andere Tauschmittel herauskristallisieren, etwa Zigaretten, Schmuck, Gutscheine, oder es fände ein Ausweichen auf andere Währungen statt. Entsprechend sagte Bofinger im Gespräch mit der Zeitschrift «Der Spiegel», Bargeld müsse am besten zeitgleich im Euro-Raum, in den USA, Grossbritannien und der Schweiz verboten werden. Der Kampf gegen das Bargeld hat begonnen.