Sankt Ursula und ihre Gefährtinnen

 

Selige Anna Katharina Emmerich

Visionen

Aus den Tagebüchern Clemens Brentanos

Sankt Ursula und ihre Gefährten. Zu 21., 22., 23., 24., 25. Oktober 1820 gehörig.

Während ihrer schweren Leiden von diesen Tagen erzählte sie in mancherlei Bruchstücken Folgendes:

Ursula und ihre Genossen wurden im Jahr 454 bei Köln, etwa eine Stunde vom damaligen Köln, und sonst hie und da, von den Hunnen erschlagen.

Ich sah das Haus ihres Vaters Deothodus (oder <Deo->notus) und ihrer Mutter Geruma in einer Stadt in England. Es lag an einer breiten Straße, es waren Treppen vor dem Eingang und war von der Straße mit einem Gitter von Metall, worauf gelbe Knöpfe, geschieden. (Am Hause von Benedikti Eltern in Italien waren auch solche Gitter, nur halb untermauert, von Kupfer, um etwa dieselbe Zeit.)

Ich sah Ursula, ihre Tochter, sehr schön und mächtig von Gestalt, und den Leibesübungen sehr ergeben. Sie hatte zehn Gespielinnen, welche alle Vormittag und Nachmittag zu ihr kamen, wo sie dann in einem ummauerten Platz in zwei Haufen geteilt miteinander liefen, sprangen und mit Händen rangen und auch mit Lanzen warfen. Diese Jungfrauen waren noch nicht alle Christen, aber Ursula und ihre Eltern waren es. Ursula war die Anführerin ihrer Gespielinnen. Ihre Eltern sahen oft mit Freude zu.

Es war damals ein gewisser Maximianus Herr über England. Er war ein Heide, und ich weiß nicht mehr recht, ob er der Mann von einer älteren Schwester Ursulas, Odilia, war, aber diese war verheiratet. Ursula aber hatte sich Gott verlobt.

Ich sah, daß ein mächtiger, sonst aber bekannter Mann zu Ursulas Vater kam, der von den Übungen der Jungfrauen gehört hatte und sie mit ansehen wollte, und daß der Vater sehr bestürzt darüber war und es auf alle Weise abzulehnen suchte. Ich sah aber den Mann, dem der Vater nichts abschlagen durfte, sich doch eindrängen und dem Kampfspiel der Mädchen zusehen, und sah, wie er von der Schönheit und Geschicklichkeit der Ursula ganz eingenommen, dieselbe gleich nachher für sich oder einen seiner Kriegsobersten zur Frau begehrte, was ich nicht mehr deutlich weiß. Es ist mir nämlich ganz erinnerlich, daß Ursula und ihre Gespielinnen und die spätere größere Anzahl derselben einem Kriegsobersten oder Stadthalter einer Provinz und seinen Offizieren sollte vermählt werden an einem Ort, der entvölkert war, ich glaube, über Meer an dem Ufer (vielleicht Bretagne), und ich dachte noch an Bonaparte, der die jungen Mädchen mit seiner Garde verheiratete.

Ich sah die große Betrübnis des Vaters und den Schrecken der Tochter, als er ihr das unabwendbare Anerbieten meldete. Ich sah, daß diese in der Nacht auf ihren Spielplatz ging und dort in heftigem Gebet zu Gott schrie. Ich sah, daß der Erzengel Raphael ihr erschien und sie tröstete, und daß ihr eröffnet wurde, sie solle zu jeder ihrer zehn Gefährtinnen noch zehn andere Jungfrauen begehren und solle drei Jahre Aufschub verlangen, um sich mit denselben auf Schiffen zu allerlei Kampf und Geschicklichkeit zu üben; sie solle Gott vertrauen, Er werde ihr Gelübde der Jungfräulichkeit ihr erhalten; sie solle alle ihre Gefährtinnen zur christlichen Religion bringen während diesen drei Jahren und Gott werde sie beschützen.

Ich sah nun, daß Ursula dieses ihrem Vater sagte, und dieser ihre Bedingungen dem Freier ankündigte, welcher damit zufrieden war.

Ursula und ihre zehn Gespielen erhielten nun noch jede zehn andere Jungfrauen und sie waren wie Anführerinnen der anderen. Der Vater ließ ihnen fünf kleine Schiffe ausrüsten und es waren auf jedem Schiffchen etwa zweiundzwanzig Mädchen, auf jedem aber auch einige Schiffer, welche sie im Segeln und Gefecht zu Wasser unterrichteten.

Ich sah nun, daß sie täglich allerlei Übungen mit den Schiffen machten, anfangs auf einem Fluß, dann am Ufer hin und wieder: sie segelten, verfolgten sich, trennten sich, sprangen aus einem Schiff ins andere, und so fort. Ich sah, daß oft viele Leute am Ufer zusahen und daß der Vater und auch der Freier ihnen mit Freude zusahen, und daß der letzte sich sehr freute, eine so kriegerische, gewandte Frau zu erhalten und daß er glaubte, dann werde ihm nichts mehr widerstehen können.

Ich sah aber, daß die Jungfrauen endlich ganz allein, ohne Männer, ihre Übungen machten, und daß Bertrandus, der Beichtvater, und noch zwei andere Geistliche auf den Schiffen waren, daß Ursula während der Zeit auch alle ihre Jungfrauen auf dem Wasser bekehrt hatte und daß die Priester sie tauften, und daß ihr Mut und ihr Vertrauen auf Gottes Verheißung während diesen Übungen immer mehr wuchs. Es waren selbst junge Mädchen von zwölf Jahren, welche auf die Schiffe kamen und sich taufen ließen.

Ich sah sie auch auf kleinen Inseln landen und zwischen denselben ihre Schifferspiele treiben. Alles das geschah unter Gebet und Gesang und doch mit großer Kühnheit und Freiheit, und der große Ernst und Mut von Ursula ist gar nicht zu beschreiben.

Die Jungfrauen hatten alle kurze Röcke bis über die Kniee an, ihre Füße waren geschnürt; um die Brust waren sie fest und um die Hüften ganz schlank und anliegend gekleidet. Sie hatten die Haare teils bloß in Wülsten um den Kopf geflochten, teils hatten sie Tücher drum mit hinten niederhängenden Zipfeln. Sie hatten in ihrem Spiel leichte, stumpfe Spieße.

Ich sah, als die bedungenen drei Jahre zu Ende nahten, die Jungfrauen, welche unter diesen Übungen alle ein Herz und eine Seele geworden waren, und die drei Geistlichen auf den Schiffen, und auf jedem einen Steuermann. Es war Nacht, und Ursula lag im Gebet, und ich sah eine leuchtende Gestalt vor sie treten, welche ihr sagte, sie solle nun auf Gott vertrauen; der Herr wolle sie alle als seine Bräute und reine Jungfrauen den Martertod sterben lassen; sie solle die Lehre Jesu überall verbreiten, wo der Herr sie hinführen werde, und solle viele Jungfrauen, vor der Entehrung wilder Heiden bewahrt, mit der Marterkrone geschmückt zum Himmel geleiten. Auch sagte er ihr, daß sie mit einem Teil ihrer Jungfrauen nach Rom gehen solle.

Ich sah, daß sie dieses ihren zehn Anführerinnen vertraute, und daß sie alle gleich froh darüber waren, und ich sah, daß sich ein Sturm erhob und die fünf Schiffe mit den Jungfrauen (nach Tiel ?) in die Niederlanden trieb. Ich sah, daß das Wasser, worauf sie fuhren, als sie nach Niederland kamen, wunderbar anschwoll. Ich sah auch, daß sie einige Male zu streiten hatten und von Männern angefallen wurden, und sah wunderbaren Schutz mit ihnen, und daß die Leute, die sie anfielen, lahm wurden und dergleichen. Ich weiß dieses nicht mehr genau. So kamen die fünf Schiffe endlich bis Köln.

(Hier, sagt sie, sei damals schon eine kleine Kirche an einem Ende der Stadt gewesen. Die Jungfrauen seien teilweise hier zurückgeblieben, ein Teil sei den Rhein hinauf nach Basel gefahren. Nach Rom seien von da etwa nur dreißig mit Ursula gezogen. Sie habe sie durch große Wildnisse und über erstaunliche Gebirge ziehen sehen. Sie haben dort überall die heiligen Orte besucht. Anfangs habe ihr ganz ungewöhnliches freies mann-weibliches Wesen und Betragen dort Ärgernis gegeben, und der Papst habe sie darüber zur Rede gestellt. Sie habe ihm aber alle ihre Geheimnisse und Gesichte erzählt und habe alle Weisungen des Papstes Leo des Großen gut angenommen, habe auch den Segen von ihm erhalten mit ihren Begleitern, ehe sie nach Köln zurückgereist. Es sei aber ein Bischof Cyriacus mit ihr gereist, ein Priester Petrus aus Ägypten, auch ein Priester aus der Geburtsstadt des heiligen Augustins und Neffe des Mannes, welcher dem heiligen Augustin Ländereien geschenkt, worauf er ein Kloster gebaut. Diese Geistlichen seien besonders mitgegangen, köstliche Reliquien zu begleiten. Sie habe einen Partikel von Sankt Petrus, der noch als solcher gekannt sei, doch ohne zu wissen, woher, eine von Paulus, Haare des Johannes Evangelist und ein Stück des Gewandes, das er im Ölbad (Anmerkung: am Ölberg?) getragen, nach Köln gebracht.

Auf ihrer Rückkehr hätten sich noch viele Frauen und Jungfrauen hie und da angeschlossen, es seien elf Schiffchen voll nach Köln zurückgekommen.

Sie hätten unterhalb der Stadt damals, etwa eine Stunde weit davon und jetzt noch nicht innerhalb der Mauern, wo jetzt ein Bach fließe, gelitten. Da hätten auch die Schiffe gelegen.

Als sie zuerst in Köln angekommen, seien wenige Christen dort gewesen und auch keine besonderen Feinde. Nun aber seien die Hunnen unter Attila dort gewesen und die Jungfrauen seien meist außerhalb der Stadt an dem Marterort in einer Art Lager gewesen in einem Ort, welchen sie sich gemietet. Viele von den Zurückgebliebenen, welche nicht mit nach Rom gezogen, seien unterdessen in der Gegend zerstreut gewesen und hätten das Christentum verbreitet und viele Leute an sich gezogen, besonders viele Jungfrauen. Dadurch sei ihre Menge sehr gewachsen.

Ursula habe bei ihrer Annäherung auf dem Schiff eine Erscheinung des Engels Raphael gehabt, welcher ihr den bevorstehenden Martertod angekündigt. Sie habe das Gesicht ihren zehn Gefährtinnen, und diese den anderen eröffnet. Die Jungfrauen hätten sich alle zu der Marter vorbereitet. Ursula habe laut Jesum Christum gelehrt und die Glorie der Jungfräulichkeit und der Marter.

Nähere Bestimmungen.

Als die Jungfrauen nach den drei Jahren zu ihrer Vermählung abfahren sollten, hatten sie von ihren Eltern Abschied genommen, und Ursula war voll Vertrauen. Sie sagte noch den anderen Zaghaften von Abraham und Isaak: " Gott habe das Opfer verlangt, Er werde auch die Mittel senden ".

Sie glaubten wirklich an den Ort ihrer Bestimmung zu fahren, als der Sturm sie nach den Niederlanden trieb. Der Sturm jagte die Schiffchen durcheinander, und ich sah, daß sie kein Ruder noch Segel brauchen konnten. Auf einer Insel, an der sie landeten, begann schon ihre Gefahr, rohes Volk hielt sie an. Ursula trat immer vor und sprach, und sie eilten zu den Schiffen zurück. (Es muß dieses schon beim Ausfluß des Rheins gewesen sein.)

Wo sie aber aus dem Meer recht in den Fluß kamen, lag eine Stadt, wo mehrere ausstiegen. Sie litten da Bedrängnis und Aufenthalt. Ursula gab immer Rede und Antwort, und wenn jemand Hand an die Jungfrauen legte, wehrten sie sich und hatten übernatürlichen Schutz, es erlahmten oft die Feinde. In dieser Stadt gesellten sich noch viele Frauenzimmer zu ihnen, auch Witwen mit kleinen Kindern.

Die weitere Reise den Rhein herauf sah ich die Schiffchen noch mehrmals von einzelnen Wachhaufen wilder Völker anrufen und drohend ausfragen. Ursula war es immer, welche antwortete und ihre Gefährtinnen zu angestrengtem Rudern antrieb. So kamen sie unverletzt nach Köln.

Hier war eine christliche Gemeinde. Die Frauen aus der niederländischen Stadt und viele Jungfrauen blieben zurück. Sie hielten sich wohl acht Tage hier auf. Ursula predigte und ermahnte Frauen und Jungfrauen, sich dem Martertod als christliche Jungfrauen und Matronen eher zu ergeben, als von Heiden und Barbaren geschändet zu werden.

Ihre Gefährtinnen, welche zurückblieben, verbreiteten sich im Land und mit ihnen die Ermahnung und Gesinnung Ursulas.

Ergänzung.

Als die Jungfrauen von England abreisen sollten zu ihrer Bestimmung als Soldatenbräute, waren mehrere große Schiffe bei ihnen mit Kriegsleuten, welche sie geleiten sollten. Viele Jungfrauen verzagten und murrten gegen Ursula, wo nun ihr Versprechen sich erfülle, daß sie Bräute Christi werden sollten. Ursula war durch ein Gesicht gestärkt. Sie ging abwechselnd durch alle Schiffe und sprach zu ihnen von Abraham, der seinen Sohn opferte, und sagte, daß jede, welche Gott nicht vertraue, aussteigen und zurückbleiben solle, aber sie waren alle zufrieden. Sie hatten alle schon von den Ihrigen Abschied genommen.

Als sie abfuhren, trennte ein Sturm die Schiffe der Jungfrauen von den anderen und trieb sie in die Niederlande.

Fünf Schiffe fuhren von Köln nach Basel; es waren einige Frauen von dort dabei. Von Basel, wo auch viele zurückblieben von Ursula und den anderen und wo die Schiffe blieben, zogen etwa dreißig bis vierzig, worunter auch Leute aus dieser Gegend und auch einige Priester und Führer, durch viele wilde Gebirge wie in einer Wallfahrt nach Italien. Sie sangen Psalmen und, wo sie einkehrten oder im Freien lagerten, redete und lehrte Ursula von der Brautschaft mit Jesus und dem Tod der Jungfrauen ohne Schändung. Überall gesellten sich welche zu und trennten sich wieder.

Es konnten etwa dreißig sein, welche in Rom ankamen. Sie besuchten die Marterplätze und Gräber, und als sie wegen ihrer kurzen Kleidung und freien Bewegung Aufsehen machten, wurden sie aufmerksam gemacht und legten Mäntel an. Leo Magnus sprach, wie oben gesagt, mit Ursula und gab ihnen den Segen und Reliquien mit, und die Priester geleiteten sie, die oben genannt; auch manche andere.

In Basel zurückgekommen, kamen dort so viele dazu, daß sie mit elf Schiffen, also sechs mehr, als den zurückgelassenen, nach Köln zurückfuhren.

Dort waren unterdessen die Hunnen eingefallen und alles war in Elend und Verwirrung. Noch weit von Köln erschien der heiligen Ursula abermals der Engel Raphael in einem Gesicht und kündigte ihr die bevorstehende Marterkrone an, sagte ihr auch alles, was sie tun solle, unter anderen, daß sie so lange Widerstand leisten solle, bis alle, die bei ihr waren, getauft und gehörig vorbereitet seien. Sie teilte dieses Gesicht den Vornehmsten unter ihren Gesellinnen mit, und alle wendeten ihre Seelen zu Gott.

Schon in der Gegend von Köln wurden sie von Scharen der Hunnen angeschrien und mit Pfeilen beschossen. Sie ruderten und segelten schnell bei der Stadt vorüber und würden gar nicht gelandet haben, wenn sie nicht hier so viele der ihrigen zurückgelassen hätten. Etwa eine Stunde unterhalb Köln landeten sie und hielten sich auf einem Acker zwischen Gebüschen auf, wo sie eine Art Lager bildeten.

Hier sah sie nun noch, was sie nicht bestimmt erzählen kann. Sie sah viele Zurückgebliebene und neu Zugekommene sich zu der Schar gesellen, sie sah Ursula und die Priester die Haufen anreden und zum Streit vorbereiten. Sie sah die Hunnen sich nähern und die Anführer mit Ursula sprechen.

Sie wollten viele aus den Jungfrauen mit Gewalt auswählen und unter sich verteilen. Die Jungfrauen traten zusammen und verteidigten sich; auch waren noch Einwohner der Stadt und Gegend bei ihnen, welche von den Hunnen bedrängt, sich an sie anschlossen; andere, die mit den zurückgebliebenen Jungfrauen Freund geworden, die fromme Gesellschaft stützen wollten, diese Leute wehrten sich mit Stangen und Prügeln und was sie eben hatten. Dieser Widerstand war Ursula von dem Engel befohlen, um Zeit zu gewinnen, noch alle zur Marter vorzubereiten.

Ich sah während des Kampfes Ursula hin und wieder durch die hinteren Scharen eilen und mit einem großen Eifer reden und beten, und sah die Priester hin und wieder die Ungetauften taufen, denn es waren viele heidnische Frauen und Jungfrauen dazugekommen.

Als sie aber alle getauft und vorbereitet waren und die Feinde sie von allen Seiten umringt hatten, hörten sie auf, sich zu verteidigen und ergaben sich lobsingend dem Martertod. Die Feinde umgaben sie von allen Seiten und erschlugen und erstachen sie mit Beilen und Lanzen. Eine ganze Reihe der Jungfrauen sah ich unter einem Pfeilregen der andringenden Hunnen niedersinken. Unter diesen war eine namens Editha, deren Gebein wir besitzen. (Sie hat dieses Gebein schon vor zwei Jahren als von einer Jungfrau erkannt, welche einen Pfeil in der Hand hatte in ihrer Glorie.)

Ursula ward mit einer Lanze erstochen.

Es waren unter den Leichen, welche das Marterfeld bedeckten, außer den Leibern der britischen Jungfrauen, viel mehr derer, die sich an sie geschlossen, aus verschiedenen Gegenden. Auch waren Männer, die Priester von Rom, dabei, und auch von den Feinden. Die, welche auf dieser Stelle umgekommen, waren bei weitem keine elf tausend; es waren höchstens ein paar hundert. Der Ort ist noch nicht innerhalb der Stadt, sondern nahe unterhalb derselben, und es fließt nun ein Bach durch.

Auch auf den Schiffen wurden noch mehrere ermordet.

Cordula sei nicht mit in Rom gewesen, sondern in Köln geblieben und habe vielen Anhang gehabt. Sie habe sich bei der Verfolgung aus Furcht versteckt; nachher habe sie sich selbst mit allen ihren Gefährten angegeben und den Tod begehrt.

Sie hätten sie auf alle Weise behalten wollen; ein Anführer habe sie heiraten wollen, aber sie und ihre Gesellen hätten so heftigen Widerstand geleistet, daß man sie alle, nachdem man sie lange aufgehalten, mit den Armen aneinander gebunden, in einer Linie mit Pfeilen erschossen habe. Sie seien so lustig und singend und wie tanzend zur Marter gegangen, als gingen sie zur Hochzeit.

Es hätten sich nachher noch viele gemeldet und seien hie und da in der Gegend ermordet worden. Die Hunnen seien nicht lange hernach da weggezogen.

Die Jungfrauen und andern Leiber seien bald darauf von dort weggebracht und näher bei Köln auf einem umschützten Platz begraben worden. Sie glaube, man habe große Gruben ausgemauert und sie ordentlich in Reihen und andächtig hineingelegt. Sie entsann sich dieses nicht mehr ganz.

Es seien auch Leiber in den Fluß geworfen und einige auf den Schiffen gemordet.

Die Priester, welche mit aus England gekommen, seien nicht da mitgemartert. Alle seien nicht da gewesen, aber die von Rom seien mitgemartert.

Sie sagt, die Schiffe der Jungfrauen seien sehr schön gewesen, leicht, offen, mit Galerien drum, worauf Fähnchen, einem Mast, einem vorspringenden Rand, daß sie über Wasser gesessen auf Bänken und gerudert durch Einschnitte. Sie hätten auch auf diesen Bänken geschlafen. Sie habe nie so wohl eingerichtete Schiffchen gesehen.

Um die Zeit, als Ursula von Haus abgefahren gewesen, habe Germanus von Auxerre, ein Bischof in Frankreich, gelebt, und auch der Bischof Lupus von Troyes; und Germanus sei bei der heiligen Genoveva von Paris gewesen, welche noch kaum zwölf Jahre alt gewesen. Er habe sie bei ihren Eltern besucht und ihr einen Anhange-Pfenning geschenkt, den sie immer getragen, hätte ihr auch von den Jungfrauen erzählt, die aus England abgereist seien. Er sei mit Lupus nach England (446) gereist, gegen die Pelagianer zu streiten, und habe die Eltern Ursulä und der anderen Jungfrauen getröstet über deren Entfernung. (Er starb 448.).

Ursula sei sehr groß und stark gewesen und sehr entschlossen und behend, nicht eigentlich schön, mehr ein männliches Wesen, und hatte ein sehr ernstes Antlitz. Sie sei so alt gewesen als Jesus, dreiunddreißig Jahre, bei ihrem Tod.

Ursula sei wie ein Apostel der Jungfrauen gewesen, und der Engel habe ihr auch gesagt, sie sollten vor einer grimmen, vernichtenden Zeit wie die Unschuldigen Kinder sterben, ehe sie in Sünden fielen. Gottes Barmherzigkeit habe nicht gewollt, daß so viele Jungfrauen und Witwen, welche wegen des häufigen Todes der Männer in den Kriegen damals wehrlos zurückgeblieben, der Schändung und Versündigung bei den wilden einfallenden Hunnen sollten preisgegeben werden, und hatte darum die heilige Ursula erweckt, sie zum himmlischen Heere der gekrönten Märtyrer zu führen, und sie habe es auch mit erstaunlicher Kraft und Anstrengung getan.

Die Hunnen waren meistens an den Beinen nackt, hatten Riemen um den Unterleib hängen, hatten viele wie gestrickte und geschuppte Wämser, lange Mäntel, welche sie aufgerollt um die Schulter trugen, wenn sie laufen wollten. Sie hatten Bärte, Helme oder Kappen, welche vor der Stirne einen wie gedrehten Vorsprung hatten, durch dessen Windung sie Pfeile quer vor der Stirne stecken hatten. Sie hatten auch Beile, Spieße mit Messern oben, und einer hatte oft viele Bogen bei sich. Auch hatten sie Esel bei sich, auf denen solche lagen. Sie waren meistens zu Pferd.

Germanus von Auxerre war 446 zum zweitenmal in England und starb 448 zu Ravenna. Er erlebte Ursulas Tod nicht. Da er die Eltern tröstete, war es über ihre Entfernung und Geschick, das also vor 446 berühmt war, denn er erzählte vor der Reise der heiligen Genoveva etwa 445 von diesen Jungfrauen. Ursula war 454 dreiunddreißig Jahre alt. Es sei dann, daß sie 454 statt 445 las.