2. Heiliges Feuer

Maria:

1. Du bist entschlossen, mein Apostel zu werden. Nun fragst du dich aber, wie das in deiner Lebenslage möglich ist. Wenn du kein Priester bist, hast du ja nicht die Aufgabe zu predigen.

2. Denke an die Verbreiter falscher Lehren, die immer wieder in der Weltgeschichte auftraten und in wenigen Jahren Millionen Anhänger gewannen. Mit welchem Priestertum waren sie bekleidet? Wer hat ihnen die Sendung zu predigen gegeben? Um zu ihrem Ziel zu gelangen, haben viele unter ihnen Spott, Verfolgung, Gefängnis ertragen müssen, manche mußten sogar den Scheiterhaufen oder das Schafott besteigen. Doch sie haben sich zu leidenschaftlichen Aposteln einer Idee aufgeworfen - einer durch Satan erfundenen Lüge - und hatten Erfolg.

Und du, Apostel Christi und Seiner Mutter, du fragst noch zagend, wie du siegen könntest?

3. Wende nicht ein, daß diese Verbreiter des Irrtums leichtes Spiel hatten, weil sie, um Beifall zu ernten, nur den Leidenschaften zu huldigen brauchten. Du hast wirksamere Mittel zum Erfolg! Du hast, um das tiefe Sehnen der Menschheit zu erfüllen, die Lehre der Wahrheit, die befreit, des Glückes, das allein befriedigt, des unbekannten Gottes, nach dem die Welt flehend ruft; du hast, um dich zu stützen, die Allmacht des lebendigen Gottes.

4. Haben die ersten Prediger Christi bei den Juden und Heiden den Leidenschaften ihrer Zuhörer geschmeichelt? Haben sie ihren Jüngern nicht herbes Entsagen vorgeschrieben und ihnen die Verpflichtung auferlegt, auch Verfolgung, Kerker, Schwert und Feuer um des Glaubens willen bereitwilligst auf sich zu nehmen? Und dennoch bekehrten sie in so wunderbar kurzer Zeit gewaltige Volksmassen. In ihrem Herzen brannte eben das heilige Feuer des Apostolates.

Wenn doch dieses Feuer mit der gleichen Glut auch in ihren Nachfolgern gebrannt hätte! Seit Jahrhunderten schon wäre der Name meines Sohnes allen Menschen verkündet.

5. Dieses heilige Feuer mußt auch du in deiner Seele entzünden. Du fragst: „Wie und wo?“

Komm, folge mir auf den Kalvarienberg! Stelle dich an meine Seite dem gekreuzigten Jesus gegenüber! Siehe Seinen Leib, wie er unter furchtbaren Qualen bebt! Noch tausendmal schmerzlicher aber leidet Seine Seele! Was erfüllt Ihn mit solch unermeßlicher Trostlosigkeit? Es ist vor allem der Anblick der Menschen, für die Er Sein Blut umsonst vergießt, die aus Seinem Leiden keinen Nutzen ziehen werden, weil sie der Gnade widerstehen und weil jene, die bei ihnen das Werk der Erlösung fortsetzen sollten, sich nicht darum kümmern.

6. Höre den Heiland vom Kreuz: „Frau, siehe da, deinen Sohn! Sohn, siehe da, deine Mutter!“ Ich und du, wir sind es, zu denen Er spricht. Suche die Tiefe meines Schmerzes zu ergründen, mein Sohn. Wozu ein solches Martyrium? Es war meine Teilnahme an Seinen seelischen und körperlichen Todesqualen. Denn mit Ihm schaute auch ich die vielen Menschen, denen ich Mutter des ewigen Lebens sein wollte und von denen ich voraussah, daß sie verlorengehen werden ...

7. „Frau, siehe da, deinen Sohn!“ Er wird dir helfen, deine Kinder vor dem ewigen Verderben zu retten. Er wird diese armen Verirrten zu dir zurückführen. Er wird dir in deiner apostolischen Aufgabe helfen und unser beider Trost sein!

Hast du die Absichten Jesu verstanden?

O wenn doch das Bild von Kalvaria dir stets vor Augen wäre, sich dir unaufhörlich einprägen würde! O daß du doch stets den lauten Ruf des sterbenden Christus und das Seufzen deiner Mutter hörtest!... Dann würdest du wissen, was es heißt, Apostel zu sein.

8. Höre noch: „Mich dürstet!“ Mich dürstet nach Seelen. Gib du mir viele Seelen.

 

Die Seele:

O meine Mutter, laß mich niemals meine dreifache Liebe vergessen: Jesus, Maria, die Seelen.