Die Stimme der schweigenden Kirche - Maria Teresa Carloni (1919-1983)

 Entnommen: Triumph des Herzens, Familie Mariens, II/2016, Nr. 135

Jesus selbst, der Gottmensch, versicherte uns für alle Zeiten: „Die Mächte der Unterwelt werden Meine Kirche nicht überwältigen.“ Ein kleiner Beweis dafür und ein beeindruckendes Beispiel, wie Gott Seine Versprechen hält, ist die große italienische Mystikerin und stigmatisierte Dienerin Gottes Maria Teresa Carloni (1919-1983), durch die der Herr höllische Machenschaften des Kommunismus vereitelt und Glaubenszeugen und Bekenner gestärkt und getröstet hat. Sie möge uns in dunklen Zeiten ein Licht der Hoffnung sein.

 

Gott ja - Kirche nein

Am 9. Oktober 1919 kam in einer reichen aristokratischen Familie in der italienischen Stadt Urbania ein Mädchen zur Welt, das nicht nur für Bischöfe und Kardinäle, sondern auch für vier Päpste - Plus XII., Johannes XXIII., Paul Vl. und Johannes Paul II. - Ratgeberin und Stütze werden sollte. Da Maria Teresa schon mit drei Jahren ihre Eltern wegschenken musste, wurde sie zusammen mit ihrem sechs Jahre älteren Bruder von ihrer Großmutter nach strengen religiösen und moralischen Prinzipien standesgemäß erzogen. Trotz aller fürsorglichen Strenge wurde das junge Mädchen durch Bedienstete und Bekannte mit antireligiösen Gesprächen und skandalösen Situationen konfrontiert, worauf sie verwirrt jede religiöse Praxis aufgab. Ihr feines Gewissen plagte sie mit Skrupeln, die sie gerne in einer Hl. Beichte loswerden wollte. Doch traf die 17-Jährige leider auf einen wenig verständnisvollen Beichtvater, so dass sie mit dem festen Vorsatz, nie mehr wiederzukommen, aus dem Beichtstuhl lief. Von der Kirchentür aus warf sie einen letzten Blick auf das Kreuz und versicherte zum Abschied: „Wir sehen uns noch!“ Zwar sollte es so kommen, aber der Weg zurück war ziemlich weit.

Während des Zweiten Weltkrieges machte Maria Teresa von 1939-1943 in Rom gegen den Willen ihrer Familie eine Ausbildung zur Krankenschwester und arbeitete mit Leidenschaft bei den Maltesern. Obwohl sie weder zur Hl. Messe ging noch die Sakramente empfing, liebte sie Gott sehr. Sie betete und opferte sich vollständig für die Verwundeten und Sterbenden auf: „Was konnte ich armer Sprössling, der vom Weinstock getrennt war, denn schon tun? Schlaflose Nächte auf dem kalten Fußboden bei Kranken, die sowieso sterben würden, sich dessen aber nicht bewusst waren und rebellierten. Wenn sie wenigstens etwas Frieden bekommen könnten! Ich vergaß fast für Monate den Schlaf; die Nächte verbrachte ich in der leeren Kapelle, wo ich ausgestreckt vor dem Allerheiligsten Sakrament lag. Worum ich betete? Um nichts für mich selbst, denn ich zählte mich nicht zu den Lebendigen. Ich bat für die diejenigen, die sich außerhalb der Kirche befanden.“

Während dieser Jahre verliebte sich Maria Teresa in einen jungen Arzt, der ihre Zuneigung erwiderte. Ein Licht der Hoffnung inmitten so vieler Leiden war in ihrem Leben aufgeleuchtet – das aber allzu bald wieder erlosch. Denn als sie eines Abends gemeinsam auf dem Weg zum Nachtdienst waren, wurden sie auf der Engelsbrücke von einer Patrouille angehalten. Noch ehe sie ihre Papiere vorzeigen konnten, schoss ein Polizist auf den Arzt. Maria Teresa versuchte, den Verletzten ins Krankenhaus zu schleppen, doch starb er noch auf dem Weg dorthin. Ein unsäglicher Schmerz mehr!

Nach dem Krieg studierte Maria Teresa auf Wunsch ihrer Familie Pädagogik, um einen standesgemäßen Beruf ausüben zu können. Nichtsdestoweniger bevorzugte sie es, weiterhin als Krankenschwester zu arbeiten. Mit ihren 26 Jahren strebte sie nach totaler Hingabe, aber eigentlich wusste sie nicht so recht, was sie mit ihrem Leben anfangen sollte: „Entweder alles oder nichts“, war ihr Lebensmotto. „Ich habe alles getan, was möglich war, das Unmögliche werde ich noch tun.“

 

Ein neuer Anfang

Nach dem Tod der Großmutter im Mai des Jahres 1951 blieb die 31-jährige Maria Teresa allein zurück. „Niedergedrückt, erschöpft, von Angst überwältigt, dass ich sterbe, ohne etwas getan zu haben, was einen Wert hätte, unternahm ich in einem verzweifelten Willensakt noch einmal einen Beichtversuch und schwor mir; dass es das letzte Mal sein würde. Ich bereitete mich eine ganze Woche lang durch intensives Gebet und harte Abtötungen darauf vor... Seltsam, aber wahr: Ich verstand sofort, dass dieser verzweifelte Willensakt eine Gnade war: Mein Pfarrer P. Cristoforo Campana stieß mich nicht weg, so wie ich es erwartet hatte, er wunderte sich gar nicht, er verurteilte mich nicht... Eine sechzehnstündige Beichte, in drei Etappen unterteilt, erlaubte es mir endlich, diese schreckliche Last von meinen Schultern abzuwerfen, und gab mir die Ruhe wieder.“

Der Pfarrer ihrer Heimatgemeinde in Urbania erkannte die Sehnsucht seines Beichtkindes nach einem tiefen Glaubensleben und der Vereinigung mit Gott, aber auch die Bereitschaft Maria Teresas zur Sühne und zum Opfer. Endlich hatte diese feinfühlige, willensstarke Seele den rechten Führer gefunden, der sie bis zu ihrem Tod begleiten sollte. Nun konnte Jesus sie formen und mit Gnaden ausstatten, die bis heute einzigartig in der Geschichte der Kirche sind.

Als P. Cristoforo Maria Teresa im März 1952 besuchte, wurde er Zeuge einer mystischen Gnade, von der sie ihm bereits seit zwei Monaten in Briefen berichtet hatte. Da er ihr zunächst geraten hatte, die „Stimme“, von der sie schrieb, zu ignorieren, wollte er sich nun doch vergewissern, ob sein Rat richtig war. Er erzählt: „Während sie mit mir redete, sah ich, wie sie die Augen halb schloss, sich innerlich wie entfernte, indem sie mit ,jemandem Unsichtbaren‛ sprach, der für sie jedoch ganz gegenwärtig war. Dies dauerte eine viertel oder halbe Stunde, und dann war alles wieder normal. Sie schämte sich vor mir und sagte: ,Es ist nicht meine Schuld. Sie sind immer noch hier?‛“ P. Cristoforo erkannte, dass es Maria Teresa unmöglich war, diese „mystischen Gespräche“ zu ignorieren, obwohl sie sich im Gehorsam darum bemühte. Da es in diesen Dialogen immer um spirituelle Inhalte ging und sie in allem mit der Lehre der katholischen Kirche übereinstimmten, entschied er: „Wenn Gott das für Seine Ziele möchte, so möge Sein Wille geschehen: Ich will kein Hindernis sein für den Weg, den Gott diese Seele führen möchte.

 

Geistige Mutterschaft für Priester

Jeden Dienstag und Freitag wiederholte sich dieses Phänomen. An einem dieser Tage sprach dann die „Stimme“ durch Maria Teresa zu P. Cristoforo: „Ich möchte in diesem Geschöpf Meine Passion wiederholen. Du als ihr Seelenführer kannst es annehmen oder ablehnen, denn du bist die Autorität, die Mich vertritt. Doch wisse, dass es Mein Wille ist.“ - „Aber wer bist Du?“, fragte P. Cristoforo, obwohl er innerlich verstanden hatte, wer zu ihm sprach. „Ich bin Jesus“, erhielt er zur Antwort. „Diese Seele hat sich Mir angeboten, und Ich habe angenommen. Sie wird ein Opfer zum Heil vieler sein.“  Nun hatte P. Cristoforo keinen Zweifel mehr an der Echtheit dieser mystischen Gabe.

Seit Januar 1952 hatte Jesus Maria Teresa bereits innig mit Seinem Erlöserleiden vereint. Jeden Freitag von 12 bis 15 Uhr erlitt sie an Leib und Seele den dreistündigen Todeskampf Jesu - ein Sühneleiden, das sie Gott für die Rettung der Seelen zum Opfer brachte. Der Herr kündigte P. Cristoforo durch Maria Teresa, die in Ekstase war, an, dass Er Seiner Leidensbraut am kommenden Karfreitag, am 11. April 1952, auch Seine Wundmale schenken wolle. Genau um 15 Uhr ereignete sich die Stigmatisation Maria Teresas an den Händen, Füßen und der Seite. Die Stigmen wurden jedoch nur dann sichtbar, wenn ihr Seelenführer die Notwendigkeit dazu sah und es im Gehorsam wünschte.

Die Ersten, für die Maria Teresa Gott ihr Leben aufopferte, waren die Priester, begonnen bei ihrem geistigen Vater. In einem glühenden Hingabeakt an die Gottesmutter schrieb sie: „Nimm mein Lebensopfer als Lösegeld für sie an und mach deine Auserwählten heilig.“

Jesus antwortete voll Zärtlichkeit auf die Hingabebereitschaft dieser Seele, indem Er ihr wie einer Katharina von Siena und vielen anderen Mystikerinnen am 20. Dezember 1952 die Gnade der geistigen Vermählung schenkte. Dabei sprach Er: „Ich bin bereit, dein Bräutigam zu sein, aber Ich möchte, dass Meine Braut Mir ähnlich wird: Sie wird verfolgt werden, niedergetreten, verleumdet, immer an Leib und Seele leidend ... Wenn die Menschen sie verachten werden, wird sie von Gott als die wertvollste Perle angenommen werden, erworben und hingegeben als Lösegeld, um vielen Seelen den Himmel zu erlangen.“

 

Sühneopfer für Russland

Am 4. Januar 1953 starb Ivana Puschkin, die Enkelin des berühmten russischen Dichters Alexander Puschkin. Sie war insgeheim Katholikin, organisierte die Untergrundkirche in Russland und opferte ihr Leben für die Rettung ihres Volkes auf. Dabei nahm sie bewusst die Seele Stalins aus, da dessen Verbrechen so ungeheuerlich grausam waren. An einem Freitag während der dreistündigen Agonie Maria Teresas sprach Jesus durch sie zu P. Cristoforo über den Tod dieser Frau. Jesus bat den Seelenführer, Maria Teresa zu fragen, ob sie bereit sei, diese Opferseele mit allen Konsequenzen zu ersetzen, die mit der Hingabe für Russland und alle vom atheistischen Materialismus beherrschten Länder verbunden waren. Noch in der Leidensekstase antwortete Maria Teresa ohne Zögern: „Wenn der Herr es will und wenn Er mir die nötige Kraft dazu gibt, nehme ich an.“ Am selben Tag bekam sie am ganzen Körper starke Schmerzen, und ihr Geist wurde von einer ungeheuren Traurigkeit niedergedrückt. Es dauerte lang, bis sie sich an diese neue Art intensiver Leiden gewöhnt hatte. Zu den physischen Schmerzen vertraute Gott ihr demütigende Leiden an, wie z. B. verleumderische Kritik und üble Nachrede seitens der Mitmenschen. Auch Satan bekam die Erlaubnis, sie körperlich zu quälen und sogar zu verwunden, was sie sehr schwächte.

Als Anfang März 1953 publik wurde, dass Stalin im Sterben lag, wandte Sich Jesus liebevoll und mit großem Respekt durch Maria Teresa an P. Cristoforo: „Jetzt bitte lch dich um etwas, aber nur; wenn du es erlaubst und sie es annimmt. Ich möchte Stalin, bevor er stirbt, trotz all seiner Verbrechen die Möglichkeit anbieten, gerettet zu werden, so wie Ich es allen Erlösten anbiete.

Wenn ihr beide dazu bereit seid, bitte Ich darum, die ,drei Stunden‛ für die Seele Stalins aufzuopfern. Doch erschrick nicht über die Leiden.“ Maria Teresa willigte ein, dieses Sühneleiden anzunehmen. Ihr Seelenführer schrieb im Nachhinein: „Ich werde dieses unaussprechliche Leiden nie vergessen. Ich weinte vor Entsetzen bei dessen Anblick und wollte ,Genug! Genug!' schreien.“ Josef Stalin starb am 5. März 1953 in Moskau. Niemand weiß, ob er die ihm zugewendete Gnade angenommen hat. Stalin war eine jener Personen, über die die hl. Faustyna geschrieben hat: „Manchmal gelangt die Barmherzigkeit Gottes im letzten Augenblick zum Sünder in sonderbarer und geheimnisvoller Weise. Nach außen scheint es, als wäre alles verloren, aber so ist es nicht ... Nach außen gibt uns diese Seele keine Zeichen der Reue und Zerknirschung, weil sie auf äußere Dinge nicht mehr reagiert. O wie unerforscht ist die Barmherzigkeit Gottes ... Selbst während des Sterbens schenkt der Barmherzige Gott der Seele diesen lichten inneren Augenblick, und wenn die Seele will, hat sie die Möglichkeit, zu Gott zurückzukehren.“ Tagebuch Nr. 1698

 

Unersetzbare Informationsquelle für die Päpste

Seit der russischen Oktoberrevolution 1917 wurden Bischöfe, Priester und Gläubige in der gesamten Sowjetunion, in allen Ostblockländern bis nach China ihres Glaubens wegen verfolgt, in Arbeitslager verschleppt oder ermordet. Die Bemühungen der kommunistischen Regierungen bestanden darin, sämtliche Informationskanäle zu unterbinden, die über die Schreckenszustände hinter dem Eisernen Vorhang hätten berichten können. In dieser extremen Notsituation, wo keine menschliche Hilfe möglich war, griff Gott ein. Er kam den verfolgten Christen auf unterschiedlichste Weise zu Hilfe; ganz außergewöhnlich wirkte Er durch Maria Teresa Carloni.

Nachdem Papst Plus XII. von dieser italienischen Mystikerin gehört hatte, wollte er sie persönlich treffen. Daraufhin lud er sie wiederholt zum Abendessen ein und ließ sich dann bis in die Morgenstunden über alles genau informieren, was sich hinter dem Eisernen Vorhang zutrug. Oft weinte er, wenn Maria Teresa ihm von den Qualen der Bischöfe, Priester und Gläubigen in den Konzentrationslagern erzählte. Neben den 14 offiziellen Audienzen war Maria Teresa mit dem Heiligen Vater immer auf übernatürliche Weise in Kontakt, wenn die Not der verfolgten Kirche es erforderte. Am 30. September 1956 erfüllte sich sogar der Wunsch des Papstes, einmal Zeuge der Karfreitagsleiden Maria Teresas sein zu dürfen. Dazu kam sie nach Castelgandolfo, der Sommerresidenz des Papstes, wo sie die Passion Christi auf dem päpstlichen Bett erlitt, während der Heilige Vater weinend neben ihr kniete. Er war sich bewusst, dass diese Sühne den Christen hinter dem Eisernen Vorhang mehr half als alle diplomatischen Verhandlungen.

Einer von jenen, denen Maria Teresa helfen durfte, war der Erzbischof von Zagreb und Primas Jugoslawiens Alojzije Stepinac (1898-1960), der 1945 in einem politischen Schauprozess zu 16 Jahren Gefängnis mit Zwangsarbeit verurteilt worden war. Nach sechs Jahren Haft entließ man den Bischof in seine Heimatgemeinde Krasic, wo er unter strengster polizeilicher Bewachung bis zu seinem Tod unter Hausarrest lebte. Obwohl er sein Bischofsamt nicht offiziell ausüben konnte, verlieh Papst Plus XII. Alojzije Stepinac im Januar 1953 die Kardinalswürde. Trotz der Christenverfolgung war es einigen Untergrundpriestern seiner Diözese gelungen, seelsorglich tätig zu sein und im Geheimen Gläubige zu versammeln, die Hl. Messe zu feiern und die Sakramente zu spenden. Gerne hätte der Erzbischof bei solch einem Treffen in den Bergen teilgenommen, aber sowohl die Wachen als auch die schwere Erkrankung seiner Beine, die er sich im Arbeitslager zugezogen hatte, machten es ihm unmöglich. Doch die Güte Gottes fand einen anderen, göttlichen Weg.

An einem Sonntagnachmittag 1954 fragte Jesus Maria Teresa, ob sie bereit sei, die Leiden des Kardinals zu übernehmen, damit er unbemerkt zu seinen Gläubigen in die Berge gehen könne. Nachdem sie zugestimmt hatte, wurde sie augenblicklich von heftigen Schmerzen in den Beinen befallen, so dass sie sich zu Bett begeben musste. Spät in der Nacht vergingen die Schmerzen, und sie konnte ihre Beine ohne die geringste Einschränkung wieder gebrauchen. In der Zwischenzeit war es dem Primas gelungen, im Geheimen seine Gläubigen zu treffen. Dieser Sonntag war der Anfang eines Auftrags, den Gott Maria Teresa anvertraute, nämlich die Leiden verfolgter Christen, vor allem der Bischöfe hinter dem Eisernen Vorhang, auf sich zu nehmen, damit sie Christus treu bleiben und die ihnen Anvertrauten stärken konnten.

 

Bilokation

Die schrecklichen Torturen brachten die verfolgten Christen oft so sehr an die Grenze ihrer Belastbarkeit, dass sie vor dem körperlichen und psychischen Zusammenbruch standen. Um diesen treuen Glaubenszeugen beizustehen, schenkte Gott Maria Teresa die Gabe der Bilokation. Während sie physisch in ihrer Wohnung in Urbania in Italien weilte, war sie gleichzeitig bei jenen, die ihre Hilfe brauchten. Der Erste, zu dem Gott sie sandte, war der Primas von Polen Stefan Wyszynski (1901-1981), als er sich am 6. Dezember 1954 aufgrund der ihm zugefügten Foltern in äußerster Bedrängnis befand und kaum mehr durchhalten konnte. Von diesem Zeitpunkt an wurde Maria Teresa oft vom Herrn in Konzentrationslager geschickt, wo sie Christen in ihren Leiden tröstete, Bischöfe und Priester ermutigte, so manchem zur Flucht verhelfen konnte und viele Informationen über die Untergrundkirche erhielt. In Bilokation konnte sie durch verschlossene Tore und Stacheldrahtzäune gehen, wusste, wo die Minen lagen, und war nur für diejenigen sichtbar, zu denen sie geschickt wurde. Auf diese Weise war es ihr möglich, den Päpsten Pius XII., Johannes XXIII., Paul Vl. und Johannes Paul II. Informationen aus der Untergrundkirche zu überbringen, die niemand wissen konnte - eine Informationsquelle von unschätzbarem Wert! So kam Maria Teresa mit den Repräsentanten der Untergrundkirche der Sowjetunion, der Tschechoslowakei, Bulgariens, Jugoslawiens, Chinas und Südostasiens in Kontakt.

1957 schenkte Papst Pius XII. Maria Teresa sein silbernes Pastorale, seinen Bischofsstab, den er selbst von Papst Benedikt XV. zu seiner Bischofsweihe am 13. Mai 1917 bekommen hatte, in Dankbarkeit dafür, dass sie die Last seines Hirtenamtes in solch einem Ausmaß mittrug. Maria Teresa ihrerseits fühlte sich dieses Geschenkes nicht würdig und schenkte den kostbaren Bischofsstab an den polnischen Bekennerbischof Kardinal Wyszynski weiter.

Pius XII. beauftragte Maria Teresa, drei geheime Treffen zu organisieren, bei denen inhaftierte kirchliche Würdenträger verschiedener kommunistisch regierter Länder einander begegnen und sich austauschen konnten. Für das Überleben der Untergrundkirche waren solche Geheimtreffen notwendig, aber deren Verwirklichung menschlich gesehen absolut ausgeschlossen. Nur dank ihrer von Gott geschenkten mystischen Gaben war Maria Teresa imstande, diese geheimen Treffen in die Wege zu leiten, und zwar in Innsbruck, Athen und Nürnberg. Sie selbst konnte auf natürliche Weise - ohne Bilokation - daran teilnehmen. Mit viel Geschick half ihr dabei ein junger Ungar mit dem Decknamen Philipp Trotzki, ein hochbegabter kommunistischer Funktionär, der wegen seiner Fähigkeiten vom ungarischen Regime und vom internationalen Kommunismus hochgeschätzt war. Tatsächlich aber handelte es sich um einen Seminaristen, dem Kardinal Mindszenty, von Gott dazu gedrängt, kurz vor seiner Verhaftung die Geheimnisse der ungarischen Kirche anvertraut hatte, obwohl jener erst 16 Jahre alt war. Daraufhin verbarg sich Philipp und tauchte erst nach drei Jahren wieder auf, und das als militanter Kommunist. Durch seine Intelligenz und Dynamik machte er rasch Karriere, wurde Vizedirektor des Gefängnisses, in dem Mindszenty inhaftiert war, und bekleidete sogar Schlüsselpositionen im ungarischen Außenministerium. Dies alles aber tat er nur, um der Kirche zu dienen. Kardinal Mindszenty vertraute ihm völlig und weihte ihn deshalb im Gefängnis geheim zum Priester und drei Jahre später auf ausdrücklichen Wunsch von Pius XII. - ebenfalls im Geheimen - zum Bischof. Schon als junger Priester brachte er den Christen in den Gefängnissen die Hl. Kommunion. Dank seiner internationalen Beziehungen und seiner Stellung im Außenministerium machte Philipp es möglich, den Primas Jugoslawiens, Erzbischof Stepinac, für die Reise aus dem Hausarrest frei zu bekommen, und sorgte dafür, dass auch der Primas von Ungarn, Kardinal Mindszenty, das Gefängnis für einige Tage verlassen konnte. Mit gefälschten Pässen und zivil gekleidet trafen sich die beiden Erzbischöfe vom 5. bis 9. Juni 1955 in Innsbruck mit Maria Teresa, Philipp Trotzki und Adolf P., einem österreichischen Priester der ungarischen Untergrundkirche. Maria Teresa verfasste im Anschluss daran einen ausführlichen Bericht, den sie dann Papst Pius XII. übergab. Im Archiv wird heute noch ein Brief aufbewahrt, den Alojzije Stepinac an P. Cristoforo schrieb und der mit den Worten beginnt: „Schönes Österreich, aber noch viel schöner die Seele Maria Teresas!“ Völlig aufgezehrt von seinem aufopfernden Einsatz starb Philipp mit nur 24 Jahren kurz nach dem letzten Geheimtreffen von Nürnberg, das am 31. Mai 1956 stattfand, Ende Juni desselben Jahres an einer unheilbaren Lungenkrankheit.

Als Papst Johannes XXIII. am 25. Januar 1959 das Ökumenische Konzil ankündigte, lag es ihm sehr am Herzen, Mittel und Wege zu finden, dass auch die kirchlichen Würdenträger hinter dem Eisernen Vorhang daran teilnehmen konnten. Dazu nutzte er die wertvollen Kontakte, die Maria Teresa mit der verfolgten Kirche hatte.

Anfang Dezember 1959 begab sich die Mystikerin 17 Tage lang in Bilokation in viele Länder der verfolgten Kirche (Polen, China, Indonesien, Nordkorea, Sibirien, Russland, die Ukraine, Litauen, Lettland, Estland, die Tschechoslowakei, Ungarn, Jugoslawien, Rumänien, Bulgarien, Albanien und Ostdeutschland) und versammelte - immer bei Nacht - die jeweiligen Repräsentanten der christlichen Kirchen, um gemeinsam mit ihnen Richtlinien für den Klerus der Untergrundkirche auszuarbeiten, die sie dann Papst Johannes XXIII. für die Diskussionen über die Ökumene vorlegte. Sie überbrachte dem Heiligen Vater auch die Beiträge jener Bischöfe, die wegen des Ausreiseverbotes nicht am Konzil teilnehmen konnten, und übermittelte ihnen wiederum die Worte des Heiligen Vaters. Erschöpft schrieb sie in ihr Tagebuch: „Ich habe die ganze Welt durchreist, um die Worte des Papstes zu überbringen!“

Mehrmals hatte Maria Teresa auch den ukrainischen Erzbischof Jossyf Slipyj (1893-1984) während seiner 18-jährigen Inhaftierung in verschiedenen Gulags von Sibirien besucht. Sie nahm Informationen des Oberhauptes der mit Rom vereinten griechisch-katholischen Kirche der Ukraine für den Heiligen Vater entgegen oder überbrachte ihm Neuigkeiten der Untergrundchristen seiner Heimat, zu denen sie sich ebenfalls in Bilokation begeben hatte.

Auch wenn die verfolgten Christen der Ukraine ihren Hirten nicht sahen, konnten sie über Maria Teresa mit ihm in Kontakt sein. Ein unvergleichlicher Sieg Jesu über das atheistisch-militante Regime war seine Freilassung, die Papst Johannes XXIII. 1963 von Chruschtschow erwirkte. Als Konzilsvater konnte der Erzbischof und spätere Kardinal nach Rom kommen und dort erstmals auf freiem Fuß Maria Teresa begegnen. Man kann sich vorstellen, wie berührend ihr erstes Treffen in Rom im März 1963 war, denn nun standen sich jene gegenüber, die sich eigentlich schon vor langer Zeit durch Bilokation in Sibirien kennengelernt hatten.

Papst Johannes XXIII. erkannte die Größe der Berufung Maria Teresas so eindrücklich, dass er ihr wie schon sein Vorgänger Pius XII. die verfolgte Kirche erneut anvertraute. Als sie am 3. Juni 1963 den sterbenden Heiligen Vater in Bilokation besuchte, übergab er ihr sein geistiges Testament:

„Ich habe mein Leben für das Konzil und die Kirche des Schweigens geopfert.

Jetzt sterbe ich, du jedoch musst leben.

Baue auf meinem Lebensopfer den Sinn deines Lebens und gib dich ganz dafür hin.

Das ist das Erbe, das ich dir hinterlasse."

Auch Papst Paul Vl. erhielt von Maria Teresa – (hier) mit ihrem Seelenführer - die neuesten Informationen der verfolgten Christen im Osten. In Hochachtung für alles, was Kirche und Papst dieser großherzigen Sühneseele verdankten, schenkte er ihr dieses kostbare Kreuz und verlieh ihr zusätzlich eine hohe Auszeichnung des Vatikans, das sogenannte Ehrenkreuz Pro Ecclesia et Pontifice.

Die Wahl Papst Johannes Pauls II. war für Maria Teresa eine große Freude, denn sie kannte Kardinal Wojtyla bereits von einem ihrer Treffen mit Kardinal Wyszynski, dem damaligen Bischof von Warschau. Johannes Paul II., der die gesamte Dokumentation der geheimen Missionen, die Maria Teresa Papst Plus XII. hinterlassen hatte, studierte, empfing die begnadete Mystikerin äußerst liebevoll und fürsorglich erstmals am 20. Januar 1979 in Privataudienz. Diese beiden großen Seelen wären sich gerne öfter begegnet, aber Maria Teresas körperliche Schwäche erlaubte es ihr nicht mehr, viel zu reisen. Doch schenkte ihr Gott nach dem Attentat am 13. Mai 1981 die Möglichkeit, in Bilokation einige Stunden am Krankenbett des Papstes in der Gemelli-Klinik zu verbringen. Von 20.30 Uhr bis 1.00 Uhr morgens war sie bei ihm und berichtete danach ihrem Seelenführer alle Einzelheiten.

Maria Teresa wurde immer tiefer in ihre Berufung, Sühneopfer zu sein, hineingenommen. Im Laufe der Jahre musste sie sich mehreren Operationen unterziehen, litt ständig an Rückenschmerzen und Atembeschwerden. Sie aß wenig, und ihr Schlaf wurde oft im Einsatz für andere unterbrochen. Äußerlich lebte sie zurückgezogen in ihrer bescheidenen Wohnung in Urbania, sammelte und verschickte für die verfolgte Kirche Geld, Hilfsgüter und religiöse Gegenstände und schrieb im Gehorsam ihre Erlebnisse nieder. Kaum jemand aus dem Ort wusste, dass diese bescheidene, stille und allein lebende Frau die Last einer so großen und verantwortungsvollen Mission für die Kirche auf ihren Schultern trug. Maria Teresa starb am 17. Januar 1983 im Alter von 63 Jahren. Auf ihrem Grabstein stehen die Worte, die sie selbst gewählt hat: „Mihi vivere Christus est, et mori lucrum.“ - „Für mich ist Christus das Leben und Sterben ein Gewinn.“

Ihr Leben bezeugt einmal mehr, worin die wirksamste Missionsarbeit besteht: im Gebet und im aufgeopferten Liebesleiden, das aus Maria Teresa eine Frau machte, auf die sich Priester, Bischöfe, Kardinäle und sogar Päpste stützen konnten.

Quelle:

Alberto Di Chio, Luciana Mirri,

Maria Teresa Carloni, Apostola della Chiesa Perseguitata, Perugia 2005

 

 

siehe auch: http://www.liebt-einander.org/nr/katholische_kirche/denn_fur_gott_ist.html